Es ist offiziell. Die Sims 4 erhält in Russland tatsächlich eine Freigabe ab 18 Jahren. Der Grund dafür? Schlicht und ergreifend das eigene Gesetz: Seit 2013 existiert das Gesetz Nr. 436, welches „Zum Schutz der Kinder von den für ihre Gesundheit und Entwicklung schädlichen Informationen“ verabschiedet wurde und öffentliche, positive Darstellung von Homosexualität verbietet. Ein weiterer Schritt Richtung Medienzensur ist somit vollbracht.
Da in Sims 4 Homosexualität theoretisch möglich ist, fällt das Spiel unter das Russische Gesetz des Kinderschutzes vor Homosexualität und so werden nur Erwachsene zum Genuss des Spiels kommen. Weiterhin erklärt das Gesetz, dass die Verbreitung von „Propaganda über nicht traditionell-sexuelle Beziehungen“ als schädlich eingestuft wird.
Somit scheint sich die Zensur im Land zu erweitern und Spiele sowie Filme, die in Zukunft „Nicht traditionell-sexuelle“ Inhalte mit sich bringen, werden entweder auf den Index gesetzt oder erst ab 18 erlaubt. Selbst wenn dabei kein Tröpfchen Blut vergossen wird. Dem zu Folge hat EA noch Glück, dass das Spiel nicht komplett auf den Index gesetzt wurde.
Viele stellen sich vielleicht die Frage: Warum das Ganze? Weshalb werden speziell in Russland Spiele erst ab 18 erlaubt, beziehungsweise komplett auf den Index gesetzt, weil dort Homosexualität vorkommt oder vorkommen könnte? Natürlich könnte man sagen, es liegt an der katholisch-orthodoxen Erziehung und Lebensweise in Russland. Ich persönlich komme aus Polen, einem kleinen, katholischen Dörfchen in dem man jeden Sonntag zur Kirche ging und Russisch noch auf dem Stundenplan in der Schule stand. 8 Jahre habe ich dort gelebt, bis ich nach Deutschland zog, also lebte ich genau zu der Zeit, als meine kindliche Entwicklung an ihrem Höhepunkt war in Zuständen, wie sie heute noch in vielen Osteuropäischen Ländern vorzufinden sind und auch mir wurde immer wieder gesagt, wie schlecht Homosexualität sei – Wenn man überhaupt über so ein Thema sprach. Doch was davon in meinem Kopf hängen geblieben ist: Es gibt homosexuelle Menschen. Keine der Erziehungsmaßnahmen schützte mich vor Homosexuellen oder brachte mir bei, diese als kranke Menschen zu betrachten. Im Gegenteil, viele meiner Freunde sind Homosexuell und ich treffe mich genau so gerne mit ihnen, wie mit hetero-Freunden. Egal ob Mann oder Frau.
Nun verabschiedete Russland 2013 tatsächlich ein Gesetz, welches das öffentliche und positive Darstellen von Homosexualität verbietet. Die Homophobie hat also auch schon die politischen Oberhäupter des größten Landes der Welt erreicht und die Trennung zwischen Staat und Kirche, wie sie von allen Ländern angeblich angestrebt wird, ist nicht mehr vorhanden. Doch ist es wirklich Homophobie und der Glaube, der sich so sehr in die russische Politik einmischt? Oder ist es einfach nur ein Streich, um dem Westen und dessen Industrie den Erfolg im eigenen Land zu erschweren. Wenn man sich die Situation anschaut, in welcher sich gerade Russland mit der Ukraine und den USA befindet, könnte man durchaus davon ausgehen, dass es einfach nur ein Streich seitens Russland ist, um dem Westen eins auszuwischen. Leider ist das nicht wahr. Es liegt meiner Meinung nach schlicht und ergreifend daran, dass die russischen Politiker noch die alte traditionelle Erziehung genossen und diese fortführen wollen.
Schon bei der Olympiade gab es Ärger mit der Regierung, als eine Sportlerin bunte Fingernägel als Zeichen der Toleranz für Homosexualität trug und auch neulich, beim Eurovision Song Contest wurde über „Conchita Wurst“, die österreichische Siegerin, aus Russland schlecht gesprochen. So kamen Kommentare von einem russischen Juror, der Wettbewerb sei keine „Schwulenparty“ und neulich äußerten sich russische Politiker im Fernsehen, dass „Europa mit ihren Traditionsbrüchen und homosexuellen Desorientierungen untergehen wird“. Laut einem Politiker existiert in Europa bereits kein „Er“ und „Sie“ mehr, sondern nur noch das „Es“. Alles ziemlich übertriebene Aussagen, wenn man bedenkt, dass Russland sich durch die Krim- und Ukrainekrise ohnehin schon ziemlich unbeliebt gemacht hat und nun solche Töne anschlägt.
Wie man also schon seit längerer Zeit beobachten kann, geht Russland gegen Homosexualität ziemlich streng vor. Das neue Gesetz grenzt zudem wieder einmal die Pressefreiheit ein. Hatte man Probleme, wenn man sich kritisch über die Regierung äußerte, so bekommt man diese auch, wenn man Homosexualität harmloser darstellt als die Regierung sie sich vorstellt. Dabei schreitet das Verständnis zur Homosexualität in Europa und den USA ziemlich voran. Wer sich outet, wird akzeptiert und toleriert. Wer es nicht tut, braucht sich dennoch nicht zu fürchten es eines Tages zu tun.
Und was bedeutet das für die Spiele und Filmindustrie? Wenn Russland jedes mal die Medien so einschränkt, machen zum Einen die Firmen viel weniger Umsatz, zum Anderen könnten sich viele andere Länder ein Beispiel daran nehmen und die internationale Presse- und Medienfreiheit wäre gefährdet. Oder noch schlimmer: Die Produzenten passen sich an und bringen nur noch Inhalte raus, die auf jeden Fall in allen Ländern eine Jugendfreigabe bekommen würden. Dies wird aber wohl kaum zustande kommen, da viele Firmen sich aus Prinzip nicht an Russlands Gesetze anpassen wollen und lieber auf die Kunden aus dem Land verzichten als die internationale Kundschaft zu verärgern. Stellt euch mal vor, jedes Spiel würde eine [12+] Wertung erhalten, weil einigen Ländern dies und das nicht gefällt.
Stellt sich nur noch die letzte Frage: Was will Russland mit dem Gesetz genau bewirken? Und die Antwort scheint recht klar zu sein. Wahrscheinlich will Russland die Homosexualität komplett bekämpfen und die russische Jugend so erziehen, dass sie auch in den nächsten Generationen den Kampf fortsetzen und homosexuellen Menschen das Leben schwer machen, genau wie Menschen, die sich positiv darüber äußern. Für diesen Kommentar habe ich einige meiner Freunde darüber gefragt, was sie von dem Thema halten.
Alle leben in Russland und anderen Osteuropäischen Ländern, die katholisch und katholisch-orthodox geprägt sind. Die Antworten waren überraschend. Kein einziger äußerte sich negativ über die Homosexualität, die von Russland so sehr verachtet wird. Was meine Nachforschungen also zeigen, ist, dass die ganzen Maßnahmen Homosexualität unter den Tisch zu kehren, völlig umsonst sind, denn im Zeitalter des Internets kann sich jeder selber Informieren und sich eine eigene Meinung zu dem Thema bilden.
Verbietet das Land einige Medien oder versucht, Minderjährigen Informationen zu Zensieren, erhalten sie diese sowieso über andere Wege. Klar haben manche Dörfer kein Internet und die Kinder werden weiterhin streng katholisch erzogen aber diese haben heutzutage dennoch die Möglichkeit in die Großstadt zu ziehen und das internationale Leben zu entdecken – so weit Russland es erlaubt. Es bleibt nur noch zu Hoffen, dass in Zukunft Menschen, die Homosexualität akzeptieren oder zumindest tolerieren, an führende Positionen in Unternehmen und der Politik kommen. Und welche Rolle spielen wir als Europäer dabei? Wir sind diejenigen, die die Gesellschaft weiter bringen. Wir bewahren nicht nur alte Traditionen, wir erschaffen neue und da Games zu der Kultur heutzutage gehören, sollten diese nicht durch Regierungen Zensiert werden. Homosexualität ist auch keine Krankheit und kein Gott in den verschiedenen Religionen würde Homosexualität verbieten, angeblich wurden doch die Menschen von ihm erschaffen, warum sollte er dann nicht auch Homosexuelle erschaffen haben? Ich finde die Altersfreigabe ab 18 für Die Sims 4 wegen homosexueller Inhalte absolut banal. Damit macht sich Russland in meinen Augen keine Freunde und die restlichen Punkte Beliebtheit, die dieses Land einst mal gehabt haben könnte, verschwinden für mich. Vor zwei Jahren habe ich beispielsweise einen Urlaub in Moskau geplant, seit den Geschehnissen in den letzten Monaten ist Russland jedoch eines der letzten Länder, die ich freiwillig betreten würde. Schließlich gehöre ich auch zur Presse und mit diesem Beitrag komme ich wahrscheinlich auch auf die Schwarze Liste.
Zum Schluss folgt ein kleiner Appell an euch: Habt keine Angst davor, wenn eure Kinder mal davon erfahren, dass es gleichgeschlechtliche Liebe gibt! Ihr müsst es nicht akzeptieren, aber toleriert es wenigstens. Macht es den Menschen nicht so schwer, nur weil sie sich von Menschen gleichen Geschlechts angezogen fühlen. Sie sind Menschen wie Du und Ich. Viele zocken mit euch und wer weiß, vielleicht habt ihr selber Freunde, die homosexuell sind und ihr wisst nicht davon. Wenn es der Fall ist dann denkt dran, ihr habt keine Pickel dadurch bekommen dass euer Kumpel auf nen Kerl steht und ihr bekommt sie auch nicht, wenn ihr wisst, dass er Homosexuell ist und ihr dennoch Kontakt zu ihm habt. Wie gesagt, habe auch ich einige homosexuelle Freunde und ich bin kerngesund, meiner Familie ist nichts zugestoßen und alles ist gut. Ebenso gilt das an jegliche Regierungen, die Behauptung, Homosexualität sei falsch und eine Krankheit und Kinder müssten davor geschützt werden ist einfach Schwachsinn. Selbst das Verbieten von positiven Äußerungen zur Homosexualität kann nicht verhindern, dass das Kind desjenigen, der das Gesetz Nr. 436 ins Leben gerufen hat, vielleicht mit 14 Jahren merkt, dass es sich von gleichgeschlechtlichen Menschen angezogen fühlt. Also spart euch die ganzen unnötigen Gesetze und negativen Schlagzeilen, die ihr dadurch erntet.