Metal Gear Solid 5: The Phantom Pain beendet die Serie, welche vor Urzeiten (1998) von Konami unter der Federführung von dem mittlerweile ausgeschiedenen Hideo Kojima ins Leben gerufen und mit MGS 5: The Phantom Pain auch in den Ruhestand geschickt wird. Zumindest was die Kojima-Ära betrifft, dennob es je ein weiteres MGS geben wird, steht in den Sternen und sollte es der Fall sein, ist es dann tatsächlich ein MGS oder nur kommerzieller Abklatsch? Metal Gear Solid ohne einen Hideo Kojima? Kaum vorstellbar! Ob denn zumindest „The Phantom Pain“ ein würdiges Ende repräsentiert, das werden wir für euch herausfinden.
Starten wir aber zunächst bei den Anfängen: Metal Gear begann im Juni 1987 auf dem MSX-2 Heimcomputer und leicht abgeändert auf dem NES. Hideo Kojima war noch nicht beteiligt. Dieser startete seinen Siegeszug nämlich erst mit dem Port, bzw. der Neuerschaffung auf der PlayStation.
Chronologisch gesehen spielt Metal Gear jedoch viele Jahre nach The Phantom Pain. Möchtet ihr die Story in der geschichtlich korrekten Reihenfolge erleben, müsst ihr nämlich den – zugegeben nicht ganz unverwirrenden Weg – über Metal Gear Solid 3: Snake Eater und Metal Gear Solid: Peace Walker gehen. Den Prolog zum neuen Teil nicht zu vergessen.
Wir erinnern uns noch schemenhaft an das gewaltige Ende von Metal Gear Solid: Ground Zeroes, als die übermächtige Cipher-Organisation die Basis von Naked Snake alias Big Boss und dessen Söldnertrupp zerstörte.
Während dieser Auseinandersetzung wird unser Protagonist schwer verletzt und fällt infolgedessen ins Koma. Neun Jahre später, also 1984, erwacht Snake in einem zypriotischen Hospital. Aus dem Regen direkt in die Traufe: In seinem Körper und im Schädel befinden sich gefährliche Splitterfragmente, ein Verband ziert sein Antlitz und sein linker Arm wurde nach der verletzungsbedingten Amputation durch eine multifunktionale und brachial aussehende Prothese ersetzt. Um dem Ganzen noch die leidliche Krone aufzusetzen, dringen zudem noch Cipher-Killertrupps in das Krankenhaus ein, deren einziges Ziel die Hetzjagd und Auslöschung auf Snake ist. Zum Glück aber kommt euch ein bandagierter Unbekannter zur Hilfe, dessen blanker Hintern die Flucht optisch zumindest für uns nicht unbedingt einfacher macht.
Story & Spielwelt
Eine so storylastige Geschichte wie die eines Metal-Gear-Teils zu bewerten stellt nicht immer eine leichte Aufgabe dar. Vor allem wenn man versucht so wenig wie möglich zu spoilern. Bei Metal Gear Sold 5: The Phantom Pain versuchen wir uns deshalb zurückhalten und uns auf die Stärken und Schwächen des Titels zu konzentrieren. Schließlich ist ein Spiel von Hideo Kojima so oder so immer ein Garant für eine grandiose Story und diese sollte möglichst nicht verraten werden. Ganz ohne geht aber natürlich nie.
Eine notwendige Andeutung wurde bereits getätigt und endete mit dem Hinweis, dass Snake noch nicht ahnt, dass die Schergen aus Ciphers Angriffstruppe auf der Suche nach ihm sind, um ihn nach Möglichkeit „beseitigen“ zu können. Wer Kojimas Spiele und die Vorgänger kennt, der ahnt bereits, dass es sich dabei nur um die klitzekleine Spitze eines gewaltigen Storyeisbergs handelt.
Um diesem Epos gerecht zu werden, versprach Kojima eine Spielewelt, die in etwa 200 Mal größer sein soll als die des Vorgängers. Eines kann man dem Schöpfer von Solid Snake nicht vorwerfen: Er hat beileibe nicht gelogen. Die beiden Spielabschnitte in Afghanistan und dem Grenzgebiet zwischen Angola und Zaire in Afrika sind angsteinflössend groß und bestätigen die Aussage über die Größe des Areals. Logischerweise bringt diese jedoch nicht nur Vorteile, sondern nagt ordentlich an der Serien-typischen Inszenierung der Geschichte.
Gameplay
Metal Gear Sold V: The Phantom Pain überzeugt natürlich nicht nur durch schiere Größe und überragendem Storytelling, auch die Grafik, der Sound und vor allem das ausgeklügelte Gameplay sind nebst der tollen KI die absoluten Highlights der Serie. Wie auch in den Vorgängern spielen die Schleicheinlagen eine essentielle Rolle. Wie ihr dabei vorgeht, entscheidet ihr selbst von Mission zu Mission. Geht es beispielweise um eine Eliminierung einer bestimmten Zielperson, so hat man die Möglichkeit, sich auf die Lauer zu legen und zu warten, dass genau diese Person ins Bild tritt, um dann mit Hilfe des Snipergewehrs den Auftrag entsprechend zu beenden. Oder man zerstört alle Kommunikationseinrichtungen und die Radarstellung, was einen Ausfall des geplanten Treffens der Zielperson mit anderen Teilnehmern zur Folge hat. Diese Person will anschließend mit einem Fahrzeug vom Ort des Geschehens fliehen. Ergo wird ein Luftschlag in Richtung Fluchttunnel der Zielperson angefordert und die folgenden Explosionen erledigen den Rest. Ebenfalls lustig ist die Variante, bei der man einen Laster mit Sprengladungen versieht und anschließend mit brachialer Gewalt durch das Eingangstor rast, um den LKW anschließend in die Richtung der Zielperson zu lenken, abzuspringen und dann per Fernzünder den Auftrag erfolgreich zu beenden. Das sind nur wenige von schier unendlichen Möglichkeiten an eine einzige Mission heranzugehen. Bei der Vielfalt kann jeder wirklich nach seinem persönlichen Gusto das Spiel durchzocken und niemand kann sich beschweren, dass man dieses oder jenes hätte anders oder besser machen können.
Neben den verschiedenen Herangehensweisen habt ihr zudem die Möglichkeit, die Umwelt in eure Aufgaben einfließen zu lassen. Nachts gilt entsprechend allgemein gültiger Naturgesetze eine schlechtere Sicht und gegnerische Verstärkung benötigt länger, um am Ort des Geschehens einzutrudeln. Aber aufgepasst: Wachen sind nachts aufmerksamer und geratet ihr erst einmal in den Kegel einer Taschenlampe oder eines Scheinwerfers, ist schnell Holland in Not oder Polen offen oder halt Afghanistan. Oder so…
Ein weiterer taktischer Vorteil ist die Möglichkeit, bereits besiegte Gegner zu beseitigen. In typischer Metal-Gear-Manier werden bewusstlose oder tote Widersacher an schlecht einsehbare Orte getragen und dort abgelegt oder mittels eines Ballons „entsorgt“. Klingt komisch, ist aber so. Man hängt das „Opfer“ an einen Ballon, der hebt ab und saust davon. Nach dem „Aus dem Auge, aus dem Sinn!“-Prinzip ist eine weitere Gefahr für unseren Helden gebannt und man kann entspannt dem Handlungsstrang weiter folgen.
Natürlich ist auch die KI ein Kriterium, welches durchaus zu beachten ist. Bei MGS 5: The Phantom Pain kann man unumwunden von einer der wohl besten künstlichen Intelligenzen sprechen, die je in einem Spiel der Serie untergebracht wurde.
Reine Radaubrüder werden mit Brachialspielweise nicht weit kommen, da ist beileibe Hirnschmalz gefragt. Wird ein bewusstloser Soldat von einer Patrouille entdeckt, wird umgehend eine Suchaktion eingeleitet, während der gefundene Soldat wieder aufgeweckt wird. Das kann im Endeffekt bis zu einem Großalarm eskalieren, bei dem dann Hubschrauber, Panzer, Mörser und Soldaten die Jagd auf den Protagonisten starten und es dann sehr problematisch wird, sich dieser Bedrohung zu entziehen. Dabei geht die KI sehr intelligent zu Werke und bringt den Spieler wirklich ins Schwitzen. Einziger Wermutstropfen: Im Gegensatz zu den bisher erschienenen Metal-Gear-Teilen, bietet The Phantom Pain keine wählbaren Schwierigkeitsgrade. Zwar agiert die KI sehr ausgewogen, dennoch können viele Abschnitte für Anfänger zu schwer sein, während Snake-Veteranen selten wirklich ins Schwitzen geraten. Zumindest für Neulinge bietet Kojima deshalb eine kleine Hilfe an: Sterbt ihr in einer Mission zu häufig, bekommt ihr eine Hühner-Hut spendiert, mit dem ungehindert drei Mal in das Sichtfeld des Feindes laufen könnt, ohne das euch dieser erkennt. Neben der Tatsache, dass das ziemlich uncool aussieht, könnt ihr so auch noch maximal eine „A“-Wertung in der entsprechenden Mission erlangen. Hilfreich ist es aber allemal.
Snake steht bei seinen Abenteuern natürlich nicht alleine da. Neben seinen Kameraden Kazuhira Miller und Revolver Ocelot kann Snake im Spielverlauf auf seine kleinen Helfer zählen. Dazu gehören…
- D-Dog, ein Wolfshund, der durch Bellen den Gegner weglocken, selbst kraftvoll zubeißen und mittels seiner legendären Spürnase Sammelgegenstände aufspüren und Gegner markieren kann.
- D-Horse, ein Pferd, mit dem er schnell weite Wege abgaloppieren kann. Das Pferd hat die „Fähigkeit“, mittels dem, was nach dem Fressen wieder hinten herausfällt, Fahrwege zu verschmieren und Verfolgern dadurch das Leben zur Hölle zu machen. Weiter kann Snake seitlich am Pferd hängen, um unerkannt an Gegnern vorbeizureiten.
- D-Walker, ein zweibeiniger Mech, der ebenfalls durch hohe Geschwindigkeit, aber auch durch konfigurierbare Waffen glänzt. Ebenfalls angebracht ist ein Greifarm zum Heben von schwerem Transportgut oder für den Kampf mit Gegnern.
- D-Quiet, eine Scharfschützin mit ansehnlichem Körperbau in knapper Uniform, die es faustdick hinter den Ohren hat. D-Quiet lernt wie Snake im Laufe der Zeit dazu und durch immer neue Tricks kann sie sich immer besser verteidigen. Aber Obacht, denn wenn man sie zu oft in Lebensgefahr bringt, dann versagt sie irgendwann den Dienst und verweigert die ihr zugetragenen Aufgaben.
Wie man unschwer erkennen kann, ist auf der spielerischen Seite für viel Abwechslung gesorgt worden und es bleibt wahrlich nicht viel Spielraum für Kritik.
Grafik und Engine
Auch grafisch weiß MGS 5 zu gefallen. Die Wüsten in Afghanistan und die Gebiete in Afrika werden malerisch auf den Monitor geschmeichelt, üppiges Grün wechselt sich ab mit surrealen Wüsteneien. Durch die zufällig generierten Inhalte sieht keine Landschaft so aus wie die andere und die Lebensformen, die durch die Spielewelt schleichen, kriechen, gehen, laufen und galoppieren, sehen allesamt lebensecht und realismuskonform aus. Aber auch hier gilt der Hinweis, dass auf dem PC der mit dem Größten auch das krasseste Ergebnis erzielt. Und selbst schwächere Systeme brauchen sich nicht verstecken: Auf einem Computer mit den Minimalanforderungen sieht Solid Snake immer noch vergleichsweise schnieke aus. Dazu trägt zweifelsfrei die eigens von Kojima Productions entwickelte Fox-Engine bei, die sich bis auf wenige Ausnahmen und einige Schwachpunkte stabil von ihrer besten Seite zeigt.
Der Sound ist über alle Kritik erhaben und rundet das vollendete Spielvergnügen ab. Neben melancholischen Klängen drängt teils dramatische Musik ans Spielerohr, die Soundeffekte sind knallig, passend und lassen keinerlei Wünsche offen. Das einzige Manko ist möglicherweise die fehlende deutsche Synchro, aber das ist vielleicht auch gut so, denn viele Titel klingen im Original immer besser.
Jetzt stellt sich eigentlich die Frage nach dem Umfang des Spiels. Die etwa 30 Storymissionen sind je nach Spielweise zwischen 25-35 Stunden erledigt, aber wer sich nicht um die Nebenmissionen kümmert, der hat im Prinzip den Titel nicht verdient. Die Nebenaufträge machen noch einmal etwa bis zu 50 Stunden aus und damit ist die Katze aus dem Sack. Wer sich ausgiebig alles anschaut und alles mitnimmt, der ist also gut und gerne mal eben zwei Dienstwochen beschäftigt, wobei noch zu bemerken ist, dass in Bälde, sprich im Oktober, noch das für alle Käufer kostenlose „Metal Gear Online“-Multiplayervergnügen an den Start geht. Wenn das einem Actionliebhaber nicht ausreicht, der muss dann wohl oder übel zusätzlich auf WoW und Konsorten zurückgreifen oder einen Urlaub bei Jochen Schweizer buchen.
Fazit
der ChRoM
Wenn Kim Kardashian zum Zocken intelligent genug wäre, dann kämen beim Anblick des Kojima-Monsters vermutlich diese Worte aus ihrem aufgeblasenen Mund – „Oh my god! That`s amazing!“. Natürlich hat Metal Gear Solid V: The Phantom Pain auch seine Schwächen, aber im Gegensatz zu den Stärken muss man schon seeehr genau hinschauen, um diese zu entdecken. Vielleicht ein bisschen Open World zuviel, hier und da ein kleiner Logikfehler und Skull Face bleibt ein bisschen blass, aber das bringt erstens sein Name mit sich und hier wird gerade auf einem Niveau gemeckert, dass locker für fünf andere Spiele zusammen gereicht hätte. Kojima haut noch einmal eine Storybombe feinster Machart raus und beglückt uns mit opulentem Bildmaterial. Teils ein bisschen „over the top“, aber überwiegend genau richtig, um uns den Alltag zu versüßen. Ich wüsste nicht, wann mir das letzte Mal der Mund vor Erstaunen offen stand und ich alles andere liegen ließ, um diese Mission noch zu beenden… Und die nächste… Und die nächste…
Für mich einer der Favoriten auf den Titel „Spiel des Jahres“ und eine klare Kaufempfehlung.
der Kevin
Snake? Snake? Snaaaaaaaaake? Nein, der Big Boss ist nicht gestorben. Er ist zurück – und zwar besser als je zuvor. Vor allem nach dem Prolog Metal Gar Solid V: Ground Zeroes war meine Erwartung an den neuen und vorerst vermutlich letzten Teil der grandiosen Schleichserie nicht sehr hoch.
Doch es geschehen wirklich Wunder und so schaffte The Phantom Pain es, mich tagelang in das virtuelle Afghanistan und Afrika zu entführen. Zwar geht aufgrund der zahlreichen Nebenmissionen und dem Open-World-Geschehen die Kojima-typische Inszenierung ein wenig unter – in den entsprechenden Hauptmissionen kommt sie dafür um so besser zur Geltung. Außerdem bietet Metal Gear Solid V ein verdammt rundes Gameplay, bei dem kaum Ecken und Kanten zu erkennen sind. Besser geht es kaum. Punkt.