Rainbow Six Siege ist wohl einer der besten Shooter der jüngeren Vergangenheit, aber leider weit davon entfernt, perfekt zu sein.
Die Baustellen, die das Spiel offen lässt, sind dabei ziemlich offensichtlich, aber nicht unüberwindbar. Ubisoft muss sich der Problematik nur stellen, wie andere Entwicklerteams bei anderen Spielen zuvor auch. Bestes Beispiel dafür ist wohl DICE, die selbst mehrere Jahre nach Release noch tiefgreifende Anpassungen an Battlefield 4 vorgenommen haben.
In folgenden 5 Punkten müssen unserer Meinung nach Änderungen vorgenommen werden, damit Rainbow Six Siege eine solide Zukunft hat:
Pingkompensation
Viele Spieler nörgeln über den angeblich schlechten „Netcode“ in Siege. Tests belegen aber, dass dieser gar nicht so übel ist – im Gegenteil, Ubisoft hat in Siege den aktuell wohl besten Netcode entwickelt, an den wahrscheinlich momentan nur CS:GO herankommt. Das eigentliche Problem liegt an der miserablen Pingkompensation.
Die Server, die Ubisoft für Siege bereitstellt, sind den Spieler seit Release ein Rätsel. Die Verbindung zum Data Center selber kann noch so exzellent sein (in meinem Fall beispielsweise mit einem Ping von 16), die Verbindung im Match zum Server ist um Welten schlechter. Auch Spieler mit einem Ping von unter 20 zum Data Center haben in den Runden niemals einen Ping unter 40, meistens eher zwischen 60 und 80. Das allein wäre schon schlimm genug, doch die Verfügbarkeit der Ubisoft-Server lässt noch mehr zu wünschen übrig. Vor nicht allzu langer Zeit bestritt ich eine Partie gegen Spieler, die mir erzählten, sie kommen aus Dubai, in dessen Nähe Ubisoft aber keine Server anbietet, weswegen das nächste(!) Data Center in Westeuropa liegt. Die Spieler haben dann Pings zwischen 150 bist knapp unter 300.
Was passiert also, wenn so ein Spieler auf mich schießt? Ganz einfach: Jede meiner Bewegungen braucht mehr Zeit vom Server zu seinem Client geschickt zu werden als meine nachfolgenden Bewegungen brauchen, um von mir zum Server gesendet zu werden. Dadurch entstehen Situationen, in denen ich mich längst um eine Ecke bewegt habe, für den Gegner aber noch frei stehe. Sein Schuss braucht nochmal viel länger, bis er wieder beim Server ist (in der Zeit bin ich natürlich weitergelaufen) – trotzdem registriert der Server seinen Treffer dank der Pingkompensation als gültig, weshalb ich irgendwo tot umkippe, wo er mich eigl niemals hätte treffen können. Ein Unding!
Wie Ubisoft das Problem beheben kann, weiß ich nicht, aber fest steht, dass es so wie momentan nicht tragbar ist und auf Dauer den Spielspaß erheblich beeinträchtigt. Da ist es am Ende auch scheißegal, obs am Netcode liegt oder nicht, denn wo keine gleichen Voraussetzungen sind, da kann auch der beste „Netcode“ nichts richten.
Hitboxen
Wer gerne die deutschen Operatoren spielt, dem dürfte vielleicht schon einmal aufgefallen sein, dass man im Prinzip als Kürbiskopf rumläuft. In Siege zählen nämlich die Helme zu den Kopfhitboxen dazu. Wird man an der Ohrmuschel des Helms getroffen ist man also genauso tot als würde der Schuss mitten ins Auge gehen. Hier muss glaube ich nicht weiter darüber diskutiert werden, wie unbalanciert solche Hitboxen sind, vor allem in einem Spiel, in dem jeder Kopfschuss direkt zum Tod führt.
Meiner Meinung nach sollte jeder Operator die gleiche Fläche an Hitboxen haben, vor allem, was den Kopf betrifft. Einfach die Standard-Kopfgröße nehmen und fertig. Mit Sicherheit würde auch das diskutiert werden, doch es wäre immerhin nachvollziehbar. Und wie wir bereits bei der Pingkompensation festgestellt haben, gibt es kaum etwas Schlimmeres in einem Shooter, als einen Tod, bei dem man keine Ahnung hat, wie zur Hölle das gerade passieren konnte.
Augen im Kopf, Kugeln im Lauf
Als ich im Subreddit zum ersten Mal las, dass die Augen des Spielers sich irgendwo zwischen Kinn und Brust der Spielfigur befinden, musste ich lachen. Völlig absurd, dachte ich. Doch nach einigen Tests mit Mitspielern musste ich dann wirklich einsehen, dass die Augen tatsächlich irgendwo im Halsbereich wieder zu finden sind.
Neue Situation, selbe Folge: Es entstehen Tode, bei denen man sich zu 100% sicher war, nicht gesehen werden zu können. Aber wenn meine Augen im Hals sind und ich nicht über eine Deckung hinwegsehen kann, dann kann der Gegner mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit doch meinen Kopf sehen (das war das Körperteil, bei dem man direkt stirbt, wenn es getroffen wird!!). Eine Designentscheidung, die vor allem in einem taktischen Shooter so unheimlich dämlich ist, dass man am liebsten mit besagtem Kopf gegen die nächste waagerechte oder senkrechte Oberfläche hämmern mag.
Hintergrund dieser Entscheidung ist, dass die Kugeln in Siege nicht aus dem Lauf der Waffe, sondern aus der Bildschirmmitte entspringen. Hier sollte man ansetzen und sich dringend ein Beispiel an DICE nehmen, die eben diese Änderung im letzten Jahr in Battlefield 4 eingeführt haben: Augen im Kopf, Kugeln im Lauf. Richtet sich die Waffe gegen ein Hindernis, senkt sich der Lauf leicht, sodass der Spieler sieht, dass er jetzt zwar über das Hindernis hinwegschaut, mit der Waffe aber noch dagegenzielt. Ubisoft, do it!
Beleuchtung
Ich bin mir nicht sicher, ob ich das schon mal erwähnt habe, aber: Wenn man nicht weiß, warum man gerade gestorben ist, dann ist das doof. Vor allem, wenn das Spiel einem keine Chance lässt, einen Gegner zu sehen. So verhält es sich auch mit den Lichteffekten in Rainbow Six Siege: Versucht ihr am hellen Tag in einen Raum hineinzuschauen, seht ihr nur schwarz. Versucht ihr hinaus zu schauen, seht ihr nur weiß. Man muss quasi direkt am Fenster stehen, um etwas zu sehen – und somit ein einfaches Ziel abzugeben. Der Sinn dahinter ist wohl der, dass Angreifer nicht einfach von irgendwo weit weg Verteidiger in einem Raum wegsnipen und umgekehrt Verteidiger nicht aus sicheren Ecken nach draußen schießen können. Das Ergebnis ist aber totaler Käse, weil unrealistisch hoch zehn. Um das ganze zu kompensieren sieht man dafür den Namen des Gegners in rot, wenn man genau auf ihn zielt. Das ist in jeglicher Hinsicht katastrophal: Zum einen werden Rauchgranaten so überflüssig, weil man sich nicht in im Rauch verstecken kann. Zum anderen ist das wie erwähnt nur eine billige Kompensation dafür, dass man sonst in dunklen Räumen keine Chance hat, einen Gegner überhaupt zu sehen.
Dazu kommt aber auch noch eine dritte Situation: Je nach Hintergrund ist nicht direkt zu erkennen, ob die Farbe des Namens wirklich rot ist. Vor allem in hektischen Situationen, wie sie in Siege nunmal gerne passieren, denkt man in solchen Momenten gerne mal: Oh gut, Spieler hat Name, Spieler ist Freund, ups tot. Ubisoft, nein!
Waffenaufsätze
Der letzte Punkt auf unserer Liste hat tatsächlich nichts mit unvorhergesehenen Toden zu tun. Hierbei geht es mehr um die taktische Tiefe im Spiel. Jede Waffe kann ein wenig angepasst werden, mit Visieren, einem Griff und vielleicht noch einem Schalldämpfer. Die Auswahl der Aufsätze ist für einen taktischen Shooter wirklich lächerlich klein, vor allem, da die Auswahl an Waffen für jeden Operator eh schon so begrenzt ist. Wir wünschen uns deshalb für die Zukunft viel mehr Aufsätze: Verschiedene Griffe, noch mehr Visiere, anpassbare und austauschbare Schulterstützen und so weiter. Dadurch würden auch die Renowns mehr Sinn ergeben. Für die meisten Spieler (vor allem, wenn sie zusätzlich noch den Season Pass besitzen und kein Interesse an Skins haben) sind Renowns völlig sinnlos und sammeln und sammeln sich zu hunderttausenden auf ihren Spielerkonten. Irgendwie doof, oder?
Außerdem war gerade Rainbow Six immer dafür bekannt, dass man seine Waffen nach Lust und Laune anpassen konnte. Gerade für Siege wäre eine Ausweitung der Waffenaufsätze deshalb mehr als willkommen.
Ja, Rainbow Six Siege ist ein großartiger Shooter, aber noch lange nicht fertig. Die letzten Patches zeigen, das Ubisoft zumindest gewillt ist, daran zu arbeiten. Hoffentlich nehmen sich die Entwickler die Wünsche der Community genug zu Herzen, um eben auch tiefergehende Veränderungen vorzunehmen.