In Hellblade: Senua’s Sacrifice begeben wir uns auf einen Trip in die Unterwelt, in der nicht die Monster, sondern wir selber unser schlimmster Feind sind.
Seit dem 08. August ist Hellblade: Senua’s Sacrifice nun endlich auf den digitalen Verkaufsplattformen verfügbar. Ninja Theory, welche sich bis mit Spiele wie Heavenly Sword oder Devil May Cry einen Namen machen konnte, betiteln ihren neuesten Geniestreich als Independend Triple-A Produktion. Das heißt man entwickelt ein Spiel zwar mit einem geringen Budget, möchte nichtsdestotrotz an die Qualität eines weitaus teureren Spieles herankommen. Da das Spiel komplett in Eigenregie finanziert wurde, hatten die Entwickler absolute Freiheit bei der Ausrichtung des Spiels. Aus diesem Grund behandelt Hellblade unter anderem auch schwierige Themen, wie zum Beispiel die Zerbrechlichkeit der menschlichen Psyche. Wir haben uns das Spiel nun einmal ganz genau angeschaut und verraten euch, ob es die hohen, im Vorfeld geschürten, Erwartungen erfüllen kann.
Odin und Konsorten
Hellblade: Senua’s Sacrifice entführt uns in das Jahr 790 nach Christus. In der Haut der jungen, keltischen Dame Senua machen wir uns auf den Weg nach Helheim, der Unterwelt der keltischen Mythologie. Dort sucht sie ihre große, bereits verstorben Liebe Dillion. Von Kind auf leidet Senua unter starken Psychosen, durch die sie unentwegt verschiedene Stimmen in ihrem Kopf vernimmt. Selbstverständlich leidet sie sehr stark darunter. Da die Menschen zu damaligen Zeiten sehr abergläubisch waren und ein solches Krankheitsbild definitiv noch nicht erforscht und untersucht wurde, galt es als schlechtes Omen. Demnach durfte sie auch nie das Haus verlassen und fristete meist ein Dasein in der Einsamkeit der Dunkelheit.
Natürlich hält sie sich nicht daran und lernt auf einem ihrer Ausflüge den jungen Krieger Dillion kennen. Als kurz darauf Dillion und viele weitere Menschen in ihrer Umgebung an einer pestähnlichen Krankheit verstarben, schwor sie sich alles Erdenkliche zu unternehmen, um ihre große Liebe aus dem Reich der Toten zu befreien. Kann sie es schaffen ihre eigenen, inneren Dämonen zu besiegen und die Seele von Dillion zu retten?
Schaut euch um
Wie bereits erwähnt begleiten wir Senua auf ihrer Reise in die Unterwelt auf der Suche nach Dillion. Das erste was einem sofort nach Spielbeginn ins Auge sticht ist die wundervolle Grafik. Hellblade setzt auf die Unreal 4 Engine als grafisches Grundmodell und diese lässt von der ersten Sekunde an die Muskel spielen. Angefangen von der Bewegung des Wassers und den verspielten Lichteffekten bis hin zu Vegetation oder Fackeln, so ziemlich jedes Objekt im Spiel kann optisch überzeugen. Einzig und allein vereinzelte Texturen sahen etwas verwaschen aus. Besonders bei relativ großen Objekten fielen uns diese hin und wieder auf. Letztendlich zählt jedoch das Gesamtpaket und dieses kann sich auf alle Fälle sehen lassen.
Ebenfalls sehr gut gelungen sind die Charakteranimationen. Ninja Theory arbeitet mit einer ziemlich aufwendigen Motion-Capture-Technologie, um die Figur der Senua zum Leben zu erwecken. Der Aufwand hat sich auf alle Fälle gelohnt. Mit zum Besten, was man je in einem Videospiel gesehen hat zählt der Detailgrad der Gesichtsmimik oder die Lippensynchronität beim Sprechen gehört . Wenn Senua beispielsweise wieder einmal mit ihren inneren Dämonen ringt und der Verzweiflung nahe ist, kann man förmlich spüren, welchem psychischen Druck sie ausgesetzt zu sein scheint. Dafür kann sich so mancher wahrer Triple-A Titel gern eine oder auch mehrere Scheiben von abschneiden. Neben den Gesichtsanimationen sehen auch die Bewegungsanimationen immer glaubwürdig und niemals übertrieben aus.
Ein klein wenig anders sieht es jedoch beim Leveldesign aus. Zwar bietet Hellblade eine Menge Abwechslung was das jeweilige Thema angeht, trotzdem wirken die einzelnen Abschnitte teilweise sehr künstlich. Man hat oft einfach das Gefühl, dass manche Gebiete lediglich zum Strecken der Spielzeit integriert worden sind. Das liegt vermutlich auch ein Stück weit an den auf Dauer etwas eintönig wirkenden Rätseln.
Auf die Rune, fertig, los
Eine sehr häufig vorkommende Art von Rätsel sind die verschiedenen Runen, welche man in einem kleinen Areal suchen muss, um beispielsweise ein Tor öffnen zu können. Dabei bekommt man eine oder mehrere Runen vorgegeben und muss diese in der Umgebung suchen. Dabei können alle möglichen Gegenstände, wie Bäume oder Schatten, im richtigen Winkel betrachtet, die jeweilige Rune ergeben. Diese Art von Rätseleinlage ist anfangs noch ganz interessant, stumpft aber immer mehr und mehr ab. Allerdings gibt es auch andere Rätsel, welche wiederum eine schöne Abwechslung bieten. In einigen Abschnitten muss man unter anderem durch kleine Tore gehen, woraufhin sich ein kleines wichtiges Detail im jeweiligen Abschnitt verändert und ein Weiterkommen ermöglicht wird.
Insgesamt gibt es zwar sehr viele verschiedene Rätsel auf Senua’s weg zu lösen, allerdings hat uns keines davon vor eine große Herausforderung gestellt. Unglaublich gut hat uns ein Abschnitt gefallen, in dem man sich in fast kompletter Dunkelheit nur anhand von bestimmten Geräuschen orientieren muss. Dieser Abschnitt gehört unserer Meinung nach zu einem der atmosphärischen Highlights des Spiels. Natürlich gab es noch weitere wirklich stimmige Abschnitte, auf die wir jetzt jedoch aus spoilertechnischen Gründen gar nicht so detailliert eingehen wollen. Es gibt auf jeden Fall mehr als genug Abwechslung an stimmungsvollen Gebieten.
Ebenfalls einen immensen Einfluss auf die unglaubliche Atmosphäre hat auch die erstklassige Soundkulisse. Bereits beim Spielstart bekommen wir eine Meldung, dass man Hellblade am besten mit Kopfhörern spielen soll. Wir empfehlen das gleich, vor allem wenn man ein Headset mit Surround Sound besitzt. Wenn von allen Seiten die verschiedensten Stimmen auf uns einreden und uns zum Teil helfen und zum Teil einfach nur beleidigen und erniedrigen ist das wirklich sehr erschreckend. Sehr lobenswert, wie es Ninja Theory schafft, eine solche teils beklemmende Atmosphäre zu schaffen.
Auf in den Kampf
Natürlich begegnen uns auf unserem Weg durch die Unterwelt nicht nur Rätsel, sondern auch viele verschiedene Monster. Bewaffnet mit einem Schwert müssen wir diesen natürlich den garaus machen. Dabei erinnert das Kampfsytem ein kleines bisschen an die Souls Reihe, wenngleich auch die Kämpfe lange nicht so anspruchsvoll sind. Wir können gegnerischen Angriffen ausweichen oder diese parieren und kurz darauf mit einem Gegenschlag zu kontern. Besonders gut haben uns auch die Bosskämpfe gefallen, welche allesamt ein wenig taktisches Feingefühl benötigen. Diese sind zudem meist auch in mehreren Phasen aufgeteilt und bringen dadurch noch mehr Abwechslung ins Kampfgeschehen.
So kämpfen und rätseln wir uns durch eine toll erzählte Geschichte voller Leid und Trauer. Das besondere daran ist, dass selbst die Stimme, welche die Story vorantreibt, allem Anschein nach eine innere Stimme von Senua ist, welche sich hin und wieder mit ihr in einen Dialog entwickelt. Insgesamt passt das Gesamtpaket hervorragend zusammen und erzeugt eine düstere und mitreißende Geschichte.
Man muss auch Abstriche machen
Wir haben nun bereits aufgeführt, was man alles beim Spielen von Hellblade sehen und erleben kann und im ersten Moment hört sich das Ganze nach einem klassischen RPG an. Allerdings, wie Eingangs bereits erläutert, handelt es sich bei Hellblade um einen Independend Triple-A Titel. Das heißt, dass es zwar qualitativ an eine große Produktion heranreichen möchte, man an anderer Stelle jedoch gewisse Abstriche machen muss, um auch irgendwann ein fertiges Produkt abliefern zu können. Aus diesem Grund sucht man beispielsweise vergeblich nach einem Fähigkeitenbaum oder freischaltbaren Sonderfertigkeiten. Man bekommt auch keine Erfahrungspunkte für das Töten von Gegnern oder erfüllten Aufgaben. Auch neue Ausrüstungsgegenstände sucht man in der Welt vergeblich.
Ebenfalls vergeblich sucht man eine Art von Interface oder Statusanzeigen. Das wiederum ist von den Entwicklern gewollt und erzeugt unserer Meinung nach eine viel stärkere Immersion. Trotz fehlenden Interfaces wird man trotzdem über etwaige Gesundheitszustände informiert. Dies geschieht jedoch lediglich über optische Hinweise. Demnach färbt sich der Bildschirmrand leicht rot und die Sicht verschwimmt etwas, wenn Senua zu viel Schaden genommen hat. Zusätzlich erkennt man aber auch an der Haltung und sogar an der Art und Weise, wie Senua attackiert, wie es um unsere Heldin steht. Steht sie beispielsweise bereits mit einem Bein im Jenseits wirken ihre Angriffe bei weitem nicht mehr so schnell und energiegeladen sondern eher erschöpft und kraftlos.
Man kann bei Hellblade ganz klar erkennen, dass es Ninja Theory weitaus wichtiger war, eine Geschichte zu erzählen und die Auswirkungen ihrer Psychosen darzustellen, als möglichst viele und komplexe Spielmechaniken in das Spiel zu integrieren.
Fazit
Hellblade ist ein zweischneidiges Schwert. Auf der einen Seite erzählt es in erster Linie eine fesselnde und düstere Geschichte. Zusätzlich wird mit den Psychosen und Halluzinationen ein wirklich heikles Thema behandelt, was den Spielern unserer Meinung nach sehr gut rübergebracht wird. Auch das Kampfsystem ist sehr gut gelungen und macht eine Menge Spaß, auch wenn es nicht so herausfordernd ist wie zum Beispiel bei einem Dark Souls. Grundsätzlich machen auch die Rätsel-Passagen Spaß, wirken auf Dauer allerdings etwas eintönig und wenig fordernd. Auf der anderen Seite verzichtet Ninja Theory bei Hellblade auf viele genreübliche Elemente. Es gibt weder Individualisierungsmöglichkeiten in Form von freischaltbaren Fähigkeiten noch gibt es verschiedene Waffen oder Rüstungen.
Wer also großen Wert auf die letztgenannten Attribute legt, wird von Hellblade höchst wahrscheinlich etwas enttäuscht sein. Wer sich dennoch, trotz des Fehlens diverser Spielelemente, auf Hellblade einlässt, wird mit einem wirklich spannenden Spiel belohnt, welches eine unglaublich bedrückende und zugleich wundervolle Atmosphäre erzeugt. Für storyfixierte Spieler ist Hellblade auf jeden Fall ein absoluter Pflichtkauf.